David Haines

David Haines’ Arbeit umfasst Gemälde, Zeichnungen und Videos, die auf Bildern aus dem Internet basieren. Er beschäftigt sich mit digitalen Gewohnheiten, Verhaltensweisen und Identitäten in Online-Communities und auf Dating-Plattformen. Seine  Arbeit, die überwiegend den Menschen in den Mittelpunkt stellt, legt ihren Schwerpunkt auf den Körper sowie handelt von vermittelten Selbstbildern, queerer Selbstdarstellung, Sexualität und Lust. Self Portrait with Cutout and Dating App. Profiles (2018) ist eine Zeichnung, die ein Abbild des Künstlers zeigt, dem mehrere Bildschirm-darstellungen auf Tablets gegenübergestellt sind. Die akkurat mit feinem Bleistift ausgeführte Arbeit deutet verschiedene Register des Selbst und des Realen an, der physische Akt des Zeichnens kontrastiert mit der virtuellen, flachen, spiegelnden Welt des Bildschirms. Eine Serie von Gemälden zeigt von einer Camsex-Seite stammende Bilder von jungen Männern mit nacktem Oberkörper in der Einsamkeit ihrer häuslichen Umgebung, versunken in ihre Mobiltelefone, die Betrachtenden und die Umgebung nicht wahrnehmend. Das klaustrophobische Gefühl, das durch die Enge ihrer Wohnräume erzeugt wird, bildet einen scharfen Kontrast zu der vermeintlich grenzenlosen Welt des Internets und den eskapistischen Bildschirmhintergründen – urbane Metropolen oder exotische Kulissen – die das banale häusliche Setting aufhübschen. Die ruhige, introvertierte Isolation dieser Gemälde steht im direkten Gegensatz zu der rasenden Hysterie des Videos Dereviled (2013). Es ist aus Smartphone-Bildern zusammengestellt, auf denen Schwule und Lesben in evangelikalen Gottesdiensten in den USA „von ihrer Krankheit geheilt“ werden – ein verstörender Einblick in den Versuch, Homosexualität „auszutreiben“. Schließlich erforscht das Video Two Way Mirror (2016/17) queere Performativität online, indem es durch die Schlafzimmer von Online-„Chatboys“ zieht. Während wir voyeuristisch eine Abfolge nackter Torsos betrachten, spricht eine Kommentarstimme Auszüge aus den Vorlesungen, die der Philosoph und Theologe Alan Watts in den 1960ern über den Wunsch und die gleichzeitige Unmöglichkeit hielt, das Ego als physische Größe zu behandeln. Haines’ Arbeit verweist pointiert auf die totalisierende Wirkung, die digitale Technologien auf die Reflexion des Selbst haben: wie sie uns aufzeichnen, uns konstruieren, uns präsentieren und sogar unser Verhalten prägen.

David Haines